Heute habe ich mich mal 10 Minuten mit Europa beschäftigt. Genauer gesagt: Auf der Couch liegend im Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung ein paar virtuelle Kästchen angekreuzt. Stimme zu. Stimme nicht zu. Neutral.
Ich bezeichne mich als politisch interessiert. Als eine, die auch kontroverse Diskussionen über das aktuelle Geschehen und Ähnliches nicht scheut, sondern leidenschaftlich argumentiert. Einige, die mich kennen, würden vielleicht sogar "zu leidenschaftlich" sagen. Politik empfinde ich als etwas Lebendiges, jeder sollte sich dafür interessieren, schließlich wird in den Parlamenten unser Alltag gestaltet. So weit, so gut.
Ich klicke mich also durch den Wahl-O-Mat, und bin erstaunt, wie oft mir nichts einfällt, zu viele Dinge, über die ich keine Ahnung habe, von dem Neutral-Button mache ich ein ums andere Mal Gebrauch. Komisch, was weiß ich eigentlich über Europa? Irgendwie erschreckend, dabei bezeichne ich mich als durchaus politisch gebildet. Soll Europa eine gemeinsame Einwanderungspolitik bekommen? Keine Ahnung. Sollen die Aufnahmekriterien für die Eurozone aufgeweicht werden? Was denn für Kriterien? Ahja. Dergleichen mehr. Unter manchen Fragen kann ich mir zwar etwas vorstellen, habe mir aber noch nie Gedanken darüber gemacht und habe somit keine Meinung. Über andere Punkte, über die man sich offensichtlich im Rahmen der Europawahl im Klaren sein sollte, weiß ich hingegen nicht einmal im Geringsten irgendwas.
Europa finde ich eigentlich gut. Trotzdem habe ich keine Ahnung, in welchem Maße die EU mein Leben gestaltet. Die Geschichte mit den gerade gewachsenen Gurken habe ich zwar längst mitbekommen und natürlich, wie alle, belächelt. Aber sonst? Wie sehen denn die EU-Agrarsubventionen konkret aus und worum geht es genau bei der Frage, ob die EU eine gemeinsame Armee haben sollte? Schon wieder muss ich zugeben: Ich habe nicht die geringste Ahnung.
Nur einige Fragen beantworte ich dankbar aus dem Stehgreif: Mehr Atomkraft, um CO2-Emissionen zu reduzieren? Klares Nein. Sollen illegale Einwanderer direkt wieder abgeschoben werden? Ebenfalls klares Nein. Ich scheine ganz gut zu wissen, in welchen Punkten ich "dagegen" bin. Das reicht mir aber nicht. Dafür bin ich erstmal, in den Wahl-O-Mat eine weitere Frage aufzunehmen: sollte man Europa transparenter machen? Ja! Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass Referenden zu Einzelfragen eine solche Transparenz umfassend gewährleisten können, vielleicht ist es jedoch ein Anfang. (Mehr Referenden?! Danke Wahl-O-Mat, eine kleines Info-Kuchenstück auf meiner dürftig aussehenden Platte.)
Warum ist Europa so weit weg? Oder warum sonst weiß ich so wenig? Ich könnte mir jetzt auf die Schulter klopfen, schließlich werde ich wenigstens wählen gehen am Sonntag. Das werden viele nicht tun, eben weil Europa oft als abstraktes Gebilde wahrgenommen wird, zu dem man keinen Zugang findet. Ich will mir aber nicht auf die Schulter klopfen, sondern mehr wissen.
Donnerstag, 4. Juni 2009
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Netiquette
Welcome to my living room. Statements, Meinungen, Feedback, Anregungen, etc. gerne in dieses Feld. Dazu bitte ich dich, zwei Dinge zu beachten:
1. Um nicht grau und schemenhaft zu bleiben hinterlasse bitte einen Namen und kommentiere nicht "Anonym". Ob jemand seine Identität im Netz preisgeben will oder nicht, bleibt selbstüberlassen - es genügt dein Vor- oder Spitzname.
2. Beleidigende Kommentare und solche ohne thematischen Bezug werden gegebenenfalls gelöscht.