Während der Mann in der Küche steht und das Essen auf dem Herd mit kontrollierenden Blicken zum Garen bringt sitze ich am Laptop und blättere mich durch Twitter, Facebook, verlinkte Artikel und das Fernsehprogramm des Abends. Der Vorgang verdiente keine aus der Reihe tanzenden Aufmerksamkeitsklicks, ginge es nicht ein kleines bisschen um Gleichberechtigung im
everyday life, im täglichen Essen, Schlafen, Arbeiten, Konsumieren, Nichtstun. Was ich an meiner Situation bei genauerer Betrachtung so sehr liebe ist die Fähigkeit aller Anwesenden, das Bier für einen Abend vor der Glotze eigenhändig aus dem Kühlschrank zu ziehen, sich gegenseitig zu bekochen - wer die geringste Lust dazu hat, weitere Abfallprodukte in überfüllte Tüten zu stopfen, trägt sie zur Tonne.

In Nahaufnahme geht es um eine Auffassung des Feminismus als Forderung über die Gleichberechtigung der Geschlechter, wie ihn auch die Encyclopedia Brittanica
definiert(<-Mädchenmannschaft, Das Feministische Lexikon): Feminismus steht hier für
"the belief in the social, economic, and political equality of the sexes."
Eine klare Aussage über das, was die Philosophie sein und was sie anstreben sollte, kein Blatt Papier für Vorurteile über männerhassende Monster. Es bleibt trotz dessen ein harter Job, gegen den Subtext anzukämpfen, der in stammtischartig anmutenden Diskussionsrunden diesen wichtigen Gedanken degradiert, der auch dann nicht dahinschwindet, nachdem eine
Studie beweisen musste, was vielen bereits bekannt war: Dass feministisch eingestellte Frauen dem anderen Geschlecht die gebotene Offenheit und Toleranz entgegenbringen, mehr noch, dass sie den Anhängerinnen tradierter Rollenbilder in der Unverkrampftheit des Umgangs mit männlichen Subjekten in der Regel überlegen sind.
Ich lese deshalb einen
Artikel der Feministin
Julie Bindel beim
Guardian - am vergangenen
Selbermachsonntag bei der
Mädchenmannschaft entdeckt - missmutig, trotzig, mit einem wütenden Funkeln. Kein aufgeklärtes Mädchen will mehr von einer Frau lesen, die sich eines gewissen Alltagssexismus nicht zu entledigen in der Lage ist, die glaubt, der Welt erklären zu müssen, dass die meisten Männer zwar womöglich triebgesteuerte Verbrecher sind, sie aber trotzdem mit ein paar für sie annehmbaren Exemplaren etwas Ähnliches wie befreundet ist. Julie Bindel hat als feministische Homosexuelle eine einseitig angreifbare Biografie, und nicht wenige konservative Männer mögen ihr erdenklich gute Gründe geliefert haben, sie zu hassen; erschwerend kommt hinzu, dass sie sich als Journalistin vornehmlich mit sexuellen Gewaltdelikten beschäftigt. Die Bitterkeit der Erlebnisse möchte ihr das aufgeklärte Mädchen nicht absprechen, ebensowenig manche überreizte Reaktion. Und trotzdem macht mich der fehlende Weitblick trotzig wie die verstohlen glitzernde Träne, die sie an ihre vergangenen,
radikaleren Tage vergießt.
Ungläubigkeit angesichts in der Zwischenzeit gelöschter Kommentare an meine Schreibe, ein undurchdachter Mangel an Verständnis für die Formen eines "zu laschen Feminismus" der die "Minderwertigkeit" des männlichen Geschlechts nicht akzeptiere, Tiraden für das Matriarchat,
Scheuklappen. Dahinter Frauen, die nicht zu bemerken scheinen, wie sie im Vorbeigehen angestaubtes Inventar in Eiche Rustikal aufwirbeln, die Stammtischgeschwister zu neuen Trögen lotsen. Die die Notwendigkeit kluger, weiterdenkender Männer für den Feminismus nicht begriffen oder die entspannte Leichtigkeit des Zusammenlebens mit ihnen nicht gekostet haben.
Um der Freiheit eines ausgeglichenen Geschlechterverhältnisses gerecht zu werden, lasse ich hinterher dreckige Teller gespült im Küchenschrank verschwinden und nehme mir ein Bier mit auf die Couch. Vielleicht sollte ich Julie Bindel eine nette gemischte WG empfehlen.
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