gestern Abend habe ich als Reaktion auf meinen letzten Post zum Thema Feminismus eine kluge reflektierende Mail von einem Freund bekommen, auf die ich hier Bezug nehmen möchte.
Feminismus als altbackene Theorie
Dass Feminismus inhaltlich auch heute in keiner Weise altbacken ist, ist ein Faktum. Diese Assoziation liegt wohl tatsächlich an der öffentlichen Diskreditierung des Begriffs - nur scheint mir, dass diese Ansicht meiner Generation bereits in Fleisch und Blut übergegangen ist, ohne tatsächlich hinterfragt worden zu sein. Auch ich bin oder war zweifellos von dieser Art der öffentlichen Wahrnehmung geprägt und versuche in meinem letzten Beitrag, diese Ansicht zu widerlegen. Leider bin ich mir sicher, dass mein Freundes- und Bekanntenkreis zwar von vielen unabhängigen jungen Frauen durchsetzt ist, die ihren emanzipatorischen Status jedoch als selbstverständlich betrachten und für das Thema Feminismus - aufgrund der Beinbehaarungskonnotation - gleichzeitig wenig übrig haben. Mein Post ist also der Versuch, von meinem generationsverwurzelten Standpunkt aus junge Frauen zum Nachdenken anzuregen.
Ungleichbehandlung von Frauen heute
Keineswegs beschränkt sich selbige auf die Arbeitswelt - diesen Eindruck mag ich erweckt haben, danke für den Hinweis. Sowohl in der Politik, als auch in den Medien (hier das Beispiel der Blogosphäre auf http://flannelapparel.blogspot.com) sowie im Privaten regiert an vielen Stellen noch immer ein "traditionelles" Frauenbild. Ich schreibe, dass mein Freund und ich mit zwei berufstätigen Elternteilen aufgewachsen sind, was zwar in meiner Generation häufig der Fall, jedoch noch lange nicht die Regel ist. Das Beispiel Arbeitswelt ist plakativ und für viele auch heute nachvollziehbar - meine Intention war hier, auch diejenigen anzusprechen, die ihre Rolle als zukünftige berufstätige Frau bisher nicht hinterfragt haben.
Frauen und Mode
Feminismus bedeutet selbstverständlich nicht, dass Frauen ihr Äußeres vernachlässigen sollten, dies wäre tatsächlich eine "dumpfe Theorie". Jedoch hat seit den 70ern dank Springer und Co. vielfach die Auffassung in den Köpfen Einzug gehalten, Feminismus sei etwas für maskulin anmutende Lesben. Der Feminismus bringt weiblicher Homosexualität den gebotenen Respekt entgegen, es handelt sich hier jedoch um zwei unterschiedliche Themensphären, die ihre Überschneidung in homosexuellen Feministinnen finden.
Jedoch erscheint mir das Verhältnis von Frauen zu ihrem Äußeren in vielfältiger Hinsicht relevant - einerseits das von Topmodels und Konsorten geprägte perfide Schönheitsideal, dem auch viele eigentlich eigenständige junge Frauen meinen nacheifern zu müssen; andererseits die negative Prägung des Fashionbegriffs durch die meist dümmlich daherkommenden Hochglanzmagazine wie "Glamour" und ähnliche. Die Wahrnehmung von Mode als gelebter Kunst, verbunden mit intelligentem weiblichen Sexappeal, emfinde ich durchaus als eine Errungenschaft des sogenannten neuen Feminismus, vor allem im Web.
Fazit
Tatsache ist, dass es die öffentliche Wahrnehmung jungen Frauen wie mir heute nicht leicht macht, sich mit der eigenen Emanzipation außeinanderzusetzen anstatt die Gleichberechtigung als gegeben anzunehmen - man wird schnell in die Alice-Schwarzer-Ecke gedrängt. Und warum das nun eine Ecke ist, sei hier einmal dahingestellt. Tatsache ist jedoch auch, dass Frau Schwarzer vor über 30 Jahren völlig andere Begebenheiten vorgefunden hat, die es heute zu einer Notwendigkeit machen, den Feminismus neu zu definieren. Auch fortschrittliche Männer, welche die Frau am Herd ebenso satt haben, assoziieren heute mit diesem Begriff oft die Ablehnung des eigenen Geschlechts - dabei braucht eine emanzipierte Frau die Männerwelt, mit der sie auf gleicher Ebene verkehrt.
Damit wären wir wieder im heimischen WG-Wohnzimmer angelangt. Mein Freund und ich holen uns das kühle Bier selbst und ich bin glücklich. Sehr sogar.
Montag, 13. Juli 2009
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